1. Hörst du auf deinen Kritiker?

“Noch ein Ratgeber, wirklich?“ - dein innerer Kritiker

In unserer modernen Welt ist unser innerer Kritiker allgegenwärtig. Die kleine Stimme in unserem Kopf ist fast  übermächtig. Ohne dass wir ihn immer bewusst wahrnehmen, ist er bei jeder Veränderung in unserem Leben wachsam. 

Wir können unseren Weg nicht ohne den Kritiker gehen. Wir können ihn nicht ignorieren. Wir können ihn nur annehmen und erkennen an, dass er es gut mit uns meint. Und da er eine wichtige Rolle bei unserer Veränderung spielt, werden wir ihn in jedem Kapitel zu Wort kommen lassen.

Die Stimme des Kritikers

Hören wir dem Kritiker einmal zu, und zwar am Beispiel dieses Buches. Wahrscheinlich hat er bereits jetzt eine Menge dazu zu sagen:

  • "Das ist doch viel zu simpel! Ein komplexes Leben mit einem Puzzlespiel zu vergleichen ist geradezu lächerlich."

  • "Wenn es funktionieren würde, gäbe es längst Bücher darüber!"

  • "Das ist nichts Neues! Das ist doch nur Marketing-Geschwafel für längst bekannte Rezepte."

  • "Ich weiß schon was kommt!"

  • "Wer sagt denn, dass die Bereiche wirklich zusammenhängen? Das klingt nach Wunschdenken. Manchmal ist ein Problem einfach nur ein Problem."

  • "Ein Sudoku hat klare Regeln und eine Lösung. Das Leben ist chaotisch und unberechenbar. Diese Vereinfachung ist naiv und gefährlich."

  • "Selbst wenn es so ist - Ich will gar nicht jeden Bereich anschauen, ich will bleiben wie ich bin."

  • "Das ist doch nur eine Ausrede, um sich nicht allen Herausforderungen gleichzeitig zu stellen. Pure Bequemlichkeit!"

  • "Wer ist dieser Martin Welker überhaupt? Was hat er denn schon erreicht?"

Eine ganze Menge, oder? Und es geht noch weiter - dabei hat das Buch noch nicht einmal richtig angefangen!

Warum der Kritiker wichtig ist

Was sollen wir von all diesen kritischen Urteilen in unserem Kopf halten und wie können wir konstruktiv darauf reagieren?

Der erste Impuls ist oft, in die Verteidigung zu gehen und Gegenargumente zu liefern. Doch das wäre ein endloser und fruchtloser Kampf. Denn haben Sie den inneren Kritiker jemals sagen hören: "Ok, du hast mich überzeugt"? Das geht nicht, weil der Kritiker nicht wirklich "denken" kann. Er ist die Stimme unserer vergangenen Erfahrungen: 

Wenn bisher immer eine "6" gewürfelt wurde, erwartet er auch beim nächsten Mal eine "6". Sie können ihn nicht durch Argumente "überzeugen", dass auch andere Zahlen möglich sind. Das würde ihn nicht zufriedenstellen - weil der Kritiker sich nur durch neue Erfahrungen ändert, nicht durch Logik oder Diskussion. Erst wenn tatsächlich eine "1" gewürfelt wird, "ändert" er seine Erwartung, denn er ist nichts anderes als die Summe Ihrer Erfahrungen.

Und genau das ist seine wichtigste Funktion: Er stellt uns unsere Erfahrungen zur Verfügung - auch wenn er dies in Form von Urteilen tut. Er meint es nicht böse, im Gegenteil: Er versucht, uns vor Verletzungen, Enttäuschungen und Misserfolgen zu schützen. Allerdings kann genau diese Schutzfunktion, die früher vielleicht überlebenswichtig war, uns heute von wichtigen Erfahrungen und Entwicklungsmöglichkeiten abhalten.

Im Grunde ist er wie ein gutmütiger Opa, der zu jeder Situation eine Geschichte von früher weiß, aber jetzt nicht ganz auf dem neuesten Stand ist.

Was können wir also tun? Wir können die Erfahrungen ergründen, die seiner Kritik zugrunde liegen - und dann prüfen, ob diese auf die gegenwärtige Situation wirklich zutreffen. So können wir seine Bedenken einordnen und würdigen.

Auf dieser Basis fällt es uns viel leichter, eine angemessene und konstruktive Entscheidung zu treffen - eine, die sowohl unsere Sicherheitsbedürfnisse als auch unsere Entwicklungsziele berücksichtigt.

Unsere Unterhaltung mit dem Kritiker

Nehmen wir uns den Punkt "Das Buch ist nichts Neues!" als Beispiel - ein scheinbar harmloser Satz, der oft beiläufig ausgesprochen wird. Wir können nicht argumentieren “Doch, weil es das Konzept noch nicht gab!” 

Doch in seiner Tiefe trägt er weit mehr als nur Kritik an der Idee und dem Innovationsgrad des Buches. Er spiegelt einen inneren Konflikt, der viele von uns begleitet:

Den Wunsch nach Veränderung, die Enttäuschung darüber, dass bisher nichts wirklich geholfen hat, die Hoffnung, endlich etwas wirklich Neues und Radikales zu finden – und gleichzeitig die Angst, wieder enttäuscht zu werden und wertvolle Zeit zu verschwenden. 

Der Kritiker ist dein Blick in die Vergangenheit. Was können wir tun, um dem Kritiker ernsthaft und angemessen zu begegnen? Wir unterhalten uns mit ihm über genau diese Dinge.

Werde dir über deine Erwartung klar

Was erhoffen wir uns davon, wenn wir nach etwas "Radikal Neuem" suchen? Oft hoffen wir auf eine Abkürzung, etwas, das uns ohne viel Aufwand aus alten Mustern befreit. Frag dich: „Ist es wirklich eine radikale, neue Methode, die du brauchst – oder eine ehrliche Auseinandersetzung mit dir selbst?"

Erkenne den Schmerz an

Beginne damit, diese Gefühle offen anzusprechen. Erkenne an, dass du schon einiges versucht hast – und deshalb skeptisch bist. Frag dich: „Wie oft hast du dir gewünscht, dass endlich etwas dein Leben verändert – und dann festgestellt, dass es doch wieder dasselbe war?"

Benenne Deine Angst

Die Angst vor Enttäuschung ist real – und vielleicht ist sie auch berechtigt. Frag dich: „Was, wenn Enttäuschung nicht das Ende ist, sondern ein Hinweis darauf, dass du näher an das herankommst, was wirklich wichtig ist? Du also ent-täuscht wirst und die Täuschung aufhört?"

Die vielen Formen des Kritikers

Es gibt viele Formen des Kritikers in uns: den Perfektionisten, der uns sagt, wir seien noch nicht gut genug, den Zweifler, der unsere Fähigkeiten infrage stellt, oder den Beschützer, der uns vor Risiken warnen will. 

Der innere Kritiker hat viele Gesichter: Als Perfektionist hält er uns mit überzogenen Standards davon ab, unsere Arbeit zu zeigen ("Das ist nicht gut genug für die Öffentlichkeit"). Als Zweifler untergräbt er unser Selbstvertrauen mit Fragen wie "Wer bin ich schon, dass ich das versuchen sollte?" In seiner Rolle als Beschützer warnt er uns vor vermeintlichen Risiken ("Bleib lieber in deiner Komfortzone, da bist du sicher"), während er als Vergleicher unseren Blick ständig auf die vermeintlich Besseren lenkt ("Schau mal, wie weit die anderen schon sind"). Als Pessimist erinnert er uns an vergangene Misserfolge ("Das hat beim letzten Mal auch nicht geklappt"), und in seiner destruktiven Form als Saboteur versucht er, uns vom Handeln abzuhalten ("Fang lieber gar nicht erst an").

Unser Weg liegt also nicht darin, diese Stimme zum Schweigen zu bringen. Das funktioniert ohnehin nicht dauerhaft und wäre auch kontraproduktiv. Der Kritiker hat eine tiefe Weisheit in sich - er kennt unsere Ängste, unsere Schwächen, aber auch unser Potenzial. 

Stattdessen können wir lernen, seine Stimme als Wegweiser zu nutzen. Wenn der Kritiker besonders laut wird, zeigt er uns genau die Bereiche, in denen wir uns weiterentwickeln können.

Das nächste Mal, wenn deine innere Stimme dich klein machen will, denk dran: Sie will dich beschützen, höre hin - und entscheide dann selbst!!

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2. Wo schaust du nicht hin?